12.10.2020

Absolute Autonomie des Menschen gibt es nicht – auch nicht beim Suizid. Die Selbstbestimmung findet ihre Grenze am sittlichen Rahmen und der Autonomie anderer

Gegen einer Verabsolutierung des Begriffs der „Autonomie“ des Menschen und für einen Begriff der „relationalen Autonomie“ sprachen sich die Teilnehmer eines Rundtisches beim Kongress „Modernes Sterben“ Anfang Oktober in Salzburg aus. „Relational“ bedeute, dass sich das Selbstbestimmungsrecht im Rahmen einer Rechtsordnung und einer sittlichen Ordnung abspielt, erläuterte Bioethikerin Susanne Kummer.  Auch der Begriff der „Menschwürde“ könne nicht nur mit Selbstbestimmung am Lebensende gedeutet werden und auf eine einzige Entscheidung wie die Tötung auf Verlangen oder den assistierten Suizid reduziert werden, wie dies kürzlich in höchstrichterlichen Urteilen in Deutschland zum Ausdruck gekommen sei. Auch ein Arzt, der zum Töten aufgefordert oder verpflichtet wird, habe eine Autonomie, die es zu respektieren gilt, erinnerte der Salzburger Ärztekammerpräsident Dr. Karl Forstner.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Frühjahr das im § 217 Strafgesetzbuch geregelte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. In der Urteilsbegründung wurde dann ausdrücklich auf ein „Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben“ verwiesen, welches ebenso das Recht auf Selbsttötung wie das Recht, sich hierfür der Hilfe Dritter zu bedienen, einschließe. Der Veranstalter des Kongresses, das „Salzburger Ärzteforum für das Leben“ hatte eine Erklärung dazu abgegeben, in der es hieß:
„Die bisherige Rechtsauffassung, dass der Mensch weder über die eigene Menschenwürde noch über Menschenleben verfügen könne und auch der Suizidwunsch als Gefährdung der Würde und des Lebens anzusehen sei, wurde mit diesem folgenschweren Richterspruch definitiv ad acta gelegt.“
Der Kongress mit etwa 250 Teilnehmern fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem in Österreich sowohl die Tötung auf Verlangen als auch die Beihilfe zum Selbstmord strafrechtlich verboten sind. Die Freigabe des assistierten Suizids wird derzeit durch Prozesse vor dem Österreichischen Verfassungsgerichtshof angestrebt: Dort sind verschiedene Verfahren anhängig, deren Antragsteller – unterstützt vom umstrittenen Schweizer Sterbehilfeverein „Dignitas“ – die Möglichkeit eines „sicheren, schmerzlosen, ärztlich assistierten Suizids“ in Österreich einzufordern versuchen.“ RK